Paradise Papers -
Die Schattenwelt des großen Geldes

Da sixt, was ois geht

So witzig wie die Werbung des Münchner Autoverleihers ist diese Überschrift nicht. Aber wie ernst ist die Sache mit dessen Malta-Manöver?

Von Frederik Obermaier, Bastian Obermayer und Jan Strozyk - 08. November 2017

Was der Münchner Mietwagen-Millionär Erich Sixt von Steuern hält, ist kein Geheimnis. Immer wieder hat er dazu öffentlich Stellung bezogen, und zwar deutlich: Die Steuern sollten runter, das deutsche Steuersystem sei "aberwitzig", die staatliche "Gier nach Geld unersättlich". Dem Handelsblatt erklärte er sogar: "Dem Staat billige ich nur eine einzige Aufgabe zu – meine Freiheit zu schützen."

Nun ist es aber so, dass der Staat Erich Sixt nicht direkt fragt, was dieser ihm zubilligt. Eher verhält es sich so, dass der Staat die Regeln aufstellt, an die sich Firmen und Menschen gleichermaßen halten müssen, etwa bei der Frage: Wie viele Steuern bezahlt man – und wo? Diese Regeln sind allerdings dehnbar, je nach den finanziellen Möglichkeiten und steuerlichen Tricks, die einem zur Verfügung stehen. Erich Sixt, noch immer Vorstandsvorsitzender, größter Einzelaktionär und unbestrittener Chef des Autovermieters, hat die Mittel, um die Regeln weit auslegen zu lassen.

So ein Mittel ist die Sixt-Firma Sixt International Services GmbH, der es offenbar gelingt, einen Großteil der Steuern, die das Unternehmen bezahlt, wieder zurückzuholen. Dabei hilft ein Umweg über das Mittelmeer, über die Steueroase Malta, Mitglied der Europäischen Union seit 2004. Sixt International Services – ehemals: Sixt Financial Services – ist eigentlich eine deutsche GmbH mit Sitz im bayerischen Pullach, in den Paradise Papers findet man sie aber als "Oversea Company" in den internen Daten des maltesischen Firmenregisters. Ein Sprecher von Sixt begründet dies damit, dass sich die Geschäftsleitung und die Verwaltung der Gesellschaft "ausschließlich in Malta" befinden.

Nur, warum ist das so? Der Zweck der maltesisch-bayerischen Firma ist es mutmaßlich, andere verbundene Unternehmen des Sixt-Konzerns mit Geld auszustatten, als konzerninterne Darlehen. 2015 verlieh die Sixt International Services laut Jahresbericht mehr als 360 Millionen Euro an andere Firmen aus dem Sixt-Kosmos. Das hat für Sixt den Vorteil, dass die verschuldeten Firmen die Zinszahlungen von der Steuer absetzen können – und so weniger Steuern bezahlen. Der Konzern machte auf Anfrage keine Angaben dazu, ob und wie viel Sixt dadurch an Steuern spart.

Der eigentliche Trick an Sixts Malta-Manöver ist der: Während die Zinszahlungen von Schuldnern steuerlich abgesetzt werden können, bleiben die Zinseinkünfte für die Gläubiger auf Malta so gut wie steuerfrei. Zwar muss die Sixt International Services den normalen Steuersatz bezahlen, kann aber von Malta – Stichwort Steueroase – bis zu sechs Siebtel der bezahlten Steuern wieder zurückfordern. Die einschlägigen Anbieter solcher Firmenkonstruktionen werben damit, dass so, nach erfolgter Rückforderung, nur fünf Prozent Unternehmensteuern bezahlt werden müssen.

Ein Sprecher von Sixt bestätigt auf SZ-Anfrage, dass Sixt diese Möglichkeit in Anspruch genommen habe, ohne aber zu sagen, wie hoch die Ersparnis war. Er betont allerdings, dass die Firma eine reguläre Firma sei, alles völlig normal. Andere Sixt-Firmen in den Steueroasen Delaware und Luxemburg hätten keine steuerlichen Vorteile, versichert Sixt – und die Firma Sixt Holiday, die 2003 ganz offiziell der Steuer wegen in die Schweiz verlagert wurde, gebe es seit einigen Jahren nicht mehr. Außerdem verweist Sixt auf die "im EU-Raum übliche Ertragssteuerquote" von rund 30 Prozent.

Erich Sixt selbst empfindet die mediale Jagd auf Steuersünder als "populistisch". Für die Firmen-Werbung – bei Sixt "Chefsache" – taugt sie ihm dennoch. Als im April 2016 die Panama Papers veröffentlicht werden, bastelt die Werbeabteilung in aller Schnelle eine Anzeige. "Schnappt sie euch, Jungs!", liest man darauf in fetten Lettern, und darunter: "Mietwagen für Steuerfahnder in über 4000 Stationen weltweit – auch in Panama."

Mit diesem Motiv warb Sixt nach den Enthüllungen der Panama Papers.

Sixt

Mit diesem Motiv warb Sixt nach den Enthüllungen der Panama Papers.

Für Sixt-Verhältnisse ist das noch ein harmloses Motiv. Dient es der Marke, ist Erich Sixt kein Spaß zu populistisch. Der Konzern ist bekannt dafür, Menschen öffentlich zu verspotten: eine füllige Urlauberin im Bikini ("Pfui!"), die pleitegegangenen Griechen ("Wir akzeptieren wieder Drachmen") oder einen wegen Drogenproblemen in die Schlagzeilen geratenen Grünen-Politiker ("Gönnen Sie sich zur Abwechslung mal eine Nase frischen Wind").

Das Panama-Papers-Motiv ist da eher kurios: Denn Erich Sixt und seine Frau Regine Sixt waren selbst Kunden von Mossack Fonseca, der Kanzlei im Zentrum der Panama Papers. Die Sixts führten bei Mossack Fonseca zwei Offshore-Firmen auf den Britischen Jungferninseln. Im neuen Leak der Paradise Papers finden sich nun noch weitere Sixt-Firmen, die auf den Britischen Jungferninseln registriert sind. Sie dienen laut Sixts Steuerberater der Verwaltung von Privatgrundstücken und Privathäusern der Familie in der Karibik. Das alles scheint jedoch nicht illegal zu sein, die "Jungs" müssen sich andere schnappen.

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