Paradise Papers -
Die Schattenwelt des großen Geldes

Brisante Spur nach Moskau

Hat sich ein Oligarch einen eigenen Lieferanten für Briefkastenfirmen gekauft?

Von Frederik Obermaier und Ralf Wiegand - 05. November 2017

Es war eine rätselhafte Firma, die vor eineinhalb Jahren in den Panama Papers auftauchte – jenen Daten, die der Süddeutschen Zeitung zugespielt wurden. Ihr Name: Bridgewater. Ihre Heimat: die Isle of Man. Ihre Spezialität: Briefkastenfirmen.

Im Fokus schienen prominente Kunden aus Osteuropa zu stehen; demnach verwaltete Bridgewater vorübergehend Firmen von Tatjana Nawka, Frau von Dmitrij Peskow, Sprechers des russischen Präsidenten Wladimir Putin, oder Firmen des Sohnes des früheren Putin-treuen ukrainischen Premiers Mykola Asarow. Den hatte die EU zeitweise mit Sanktionen belegt. In den Daten fanden sich auch Hinweise auf etliche Bridgewater-Firmen von Alischer Usmanow, 64. Der Russe ist durch Erdgas, Stahl und Medien reich geworden und gilt in Moskau als enger Freund von Präsident Wladimir Putin.

Bridgewater, auch "Bridgewaters" genannt, sitzt unterm Dach eines Bürohauses auf der Isle of Man. Glastür, Klingel, nette Sekretärin: Mehr sieht man nicht. Schon gar nicht, wer hinter der Firma steckt. Die Paradise Papers, jene Unterlagen, die nun der SZ zugespielt wurden, führen aber auf eine brisante Spur. Die Daten legen den Verdacht nahe, dass Usmanow, der Bridgewater-Großkunde aus den Panama Papers, im Jahr 2011 die ganze Firma gekauft haben könnte. In einer internen Mail schrieb ein hoher Mitarbeiter der Kanzlei Appleby, die im Zentrum der Paradise Papers steht, im Juli 2011: "Der Kunde hat nun eine Gesellschaft auf der Isle of Man (namens Bridgewaters) gekauft." Die Mail gehört zu einem Schriftwechsel im Zusammenhang mit einem Firmengeflecht Usmanows.

Auch eine Übersicht über die verschachtelte Eigentümerstruktur von Bridgewater liefern die Paradise Papers. Sie deckt sich größtenteils mit Informationen aus den Handelsregistern von Zypern und der Isle of Man und führt zu zwei Usmanow-Vertrauten: Einer leitete etliche Tochterfirmen der Usmanow-Holding USM, der andere deren Vorgänger-Firma. Ersterer erklärte auf SZ-Anfrage, Bridgewater nie selbst oder als Stellvertreter für Usmanow besessen zu haben. Und Letzterer antwortete gar nicht.

Bridgewater wies auf SZ-Anfrage alle Behauptungen durch einen Anwalt als "falsch" zurück. Usmanow sei nie ihr Eigentümer gewesen, und sie werde "nicht heimlich durch jemanden kontrolliert". Usmanow ließ SZ-Fragen so beantworten: Sie enthielten Anschuldigungen, die auf Unwahrheiten gründeten.

Hat sich der Putin-treue Oligarch, wie es die Unterlagen nahelegen, direkten Einfluss auf einen Briefkastenfirmen-Dienstleister verschafft, der für den engeren Putin-Kreis tätig ist? Von Firmen wie Bridgewater hängt letztlich auch ab, ob Sanktionen im internationalen Geldverkehr greifen oder nicht - das funktioniert nur, wenn Kunden entsprechend geprüft werden.

Usmanow ist als einflussreicher Medien-Unternehmer und Freund der großen Politik bis in den Kreml schon als Inhaber einer Briefkastenfirma ein Risikokunde. Ein ganzer Briefkasten-Dienstleister unter seiner Kontrolle wäre abenteuerlich. 

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