FAQ
Fragen und Antworten zur Corona-Pandemie
Von Christian Endt, Berit Kruse, Sören Müller-Hansen und Benedict Witzenberger
Seit über einem Jahr leben wir mit dem Coronavirus in unserem Alltag. Immer wieder spielen dabei einzelne Metriken und Datenquellen eine Rolle. Um Ihnen einen besseren Überblick über die Probleme und Chancen der unterschiedlichen Messwerte zu geben, finden Sie hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Daten der Corona-Pandemie. Einen Überblick über unser Grafikangebot finden Sie in diesem Artikel.
Dieser Text ist nicht mehr aktuell. Zu unserem aktuellen Artikel mit Corona-Daten und den Erklärungen dazu finden Sie hier.
Wenn Ihre Frage nicht beantwortet wird, schreiben Sie uns gerne eine Mail an redaktion@sueddeutsche.de. Aufgrund des enormen Leserinteresses und der vielen Zuschriften, die wir persönlich beantworten wollen, kann eine Antwort allerdings ein wenig dauern.
Allgemein
Wie kommen die Statistiken zu den Corona-Infizierten zustande?
Wie viele Menschen sich mit dem Coronavirus infiziert haben, ist nicht bekannt. Lediglich die Zahl der bestätigten Fälle kann daher angegeben werden. In den meisten Ländern werden nur jene Fälle gezählt, bei denen ein positives Testergebnis durch PCR vorliegt – positive Schnelltests werden in der Regel nicht erfasst. In Deutschland ordnen Ärzte oder Gesundheitsämter die Tests an. Das Robert-Koch-Institut (RKI) gibt Empfehlungen heraus, wann ein Test angezeigt ist. Positive Testergebnisse müssen laut Infektionsschutzgesetz an die Behörden gemeldet werden. Sie fließen in die amtlichen Statistiken ein.
Aus welchen Quellen bezieht die SZ die Zahlen zur Corona-Pandemie?
Für Deutschland übernimmt die SZ die Fallzahlen des Robert Koch-Instituts. Internationale Daten entnehmen wir dem Datensatz der Johns-Hopkins-Universität.
Im internationalen Kontext entsteht ein Meldeverzug durch die Meldungen der Regierungen an die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Hier sind Anbieter wie die Johns-Hopkins-Universität deutlich schneller, die nicht nur die nationalen Angaben erfassen, sondern auch Medienberichte untersuchen.
Wie hoch ist die Dunkelziffer unerkannter Fälle?
Viele Infektionen mit dem Coronavirus verlaufen ohne Symptome und bleiben daher in der Regel unerkannt. Eine Erkrankung kann auch mit einer Grippe oder Erkältung verwechselt werden. Und schließlich werden auch nicht alle Verdachtsfälle getestet, da die Testkapazitäten begrenzt sind. Schätzungen zufolge beträgt die tatsächliche Zahl der Infizierten daher mindestens das Doppelte der bestätigten Fälle, möglicherweise auch sehr viel mehr. Mit repräsentativen Antikörperstudien lässt sich im Nachhinein abschätzen, wie hoch die Zahl der tatsächlich Infizierten ist.
Inwiefern sind die Fallzahlen aus verschiedenen Ländern vergleichbar?
Verdachtsfälle werden im internationalen Vergleich sehr unterschiedlich getestet und erfasst, die Zahlen der Infizierten sind daher nur bedingt vergleichbar. Es empfiehlt sich, zusätzlich die Zahl der Verstorbenen in den Blick zu nehmen. Man kann davon ausgehen, dass diese Zahl besser vergleichbar ist.
Eine weitere gute Vergleichsmetrik ist die Quote der positiven Tests. Die WHO empfiehlt einen Wert von unter fünf Prozent - damit gewährleistet ist, dass genug getestet wird, um die meisten Infektionen zu erfassen.Wie viele Infizierte sind inzwischen wieder genesen?
Während neue Infektionen mit dem Coronavirus laut dem Infektionsschutzgesetz an die Behörden gemeldet werden müssen, besteht bei der Genesung eines Patienten keine Meldepflicht. Daher liegen auch keine amtlichen Zahlen in Deutschland vor. Das Robert-Koch-Institut veröffentlicht aber regelmäßig eine Schätzung. Ob Genesene noch Monate nach der Infektion an schweren Folgen, sogenanntem Long-Covid, leiden, wird in den Schätzungen des RKI nicht erfasst.
Auch für viele andere Länder liegen keine offiziellen Angaben zur Zahl der Genesenen vor, allerdings schätzt auch die Johns-Hopkins-Universität diesen Wert. Generell besagen Studien, dass 95% der Erkrankten Covid-19 neun Tage nach Symptombeginn überstanden haben.
Woran lässt sich erkennen, wie sich die Lage entwickelt?
Es gibt eine ganze Reihe von Metriken die helfen, die Entwicklung der Pandemie einzuordnen. Jede davon hat Stärken und Schwächen, weshalb es hilft, immer mehrere Aspekte im Blick zu behalten. Am wichtigsten ist in der Regel die 7-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche. Sie zeigt mit einer Verzögerung von etwa zwei Wochen, wie viele Menschen sich angesteckt haben. Der Verzug entsteht, da zwischen der Ansteckung, dem Beginn der Symptome und der offiziellen Meldung in der Statistik viel Zeit vergeht. Dennoch erlaubt die Kurve der Neuinfektionen die schnellste Einordnung der Entwicklung. Einmal in der Woche veröffentlicht das RKI die Inzidenz sogar nach Altersgruppen aufgeschlüsselt.
Ein Nachteil ist allerdings, dass nicht alle Menschen in die Statistik eingehen, die sich auch infiziert haben. Daher hilft es, zusätzlich die Zahl der Tests und den Anteil der positiven Testergebnisse im Blick zu behalten. Eine hohe Positivrate kann darauf hindeuten, dass viele Fälle unerkannt bleiben, es also eine hohe Dunkelziffer gibt.
Zuverlässiger als Neuinfektionen sind die Werte der Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen und die Todesfälle. Je schwerer ein Mensch an Covid-19 erkrankt, desto unwahrscheinlicher ist es, dass er übersehen wird. Hier wiederum ist der Nachteil, dass diese Metriken das Infektionsgeschehen erst mit einem erheblichen Zeitverzug anzeigen - etwa vier Wochen bei den Intensivpatienten, etwa sechs Wochen bei den Todesfällen. Dadurch sind diese Zahlen eher nicht geeignet, um die aktuelle Entwicklung der Pandemie zu bewerten.
Wie errechnet sich der R-Wert, auch Reproduktionszahl genannt?
Die Reproduktionszahl, auch R-Wert, gibt einen Anhaltspunkt dafür, wie stark sich das Virus gerade in der Bevölkerung verbreitet. Sie gibt an, wie viele Menschen eine infizierte Person durchschnittlich ansteckt. Der Zielwert liegt unter 1 - dann geht die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus zurück. Liegt sie aber über 1, dann nimmt die Zahl zu. Das exponentielle Wachstum beginnt.
Das RKI berechnet den R-Wert mit einer sogenannten Generationszeit von vier Tagen. Die Generationszeit gibt an, wie lange es durchschnittlich dauert, bis eine Gruppe Infizierte die nächste ansteckt. Bei einer Reproduktionszahl von beispielsweise 1,1 und zehn Infizierten in der ersten Generation bedeutet eine Generationszeit von vier Tagen, dass sich vier Tage später elf Menschen neu angesteckt haben. Stark vereinfacht wird also so gerechnet: Es wird verglichen, wie viele Menschen sich an einem Tag infiziert haben und wie viele es 4 Tage zuvor waren. Das Verhältnis ist dann der R-Wert.
“Der verflixte R-Wert”: Wie das RKI den R-Wert berechnet im Detail
Werden die Statistiken in autoritären Regimen nicht sowieso manipuliert?
Wir übernehmen die Fallzahlen automatisiert von den angegebenen Quellen. Uns fehlen die Kapazitäten, die Zahlen aus allen Ländern der Welt einzeln zu überprüfen. Wenn uns konkrete Hinweise auf Manipulationen vorliegen, reagieren wir darauf. Ansonsten ist generell davon auszugehen, dass nicht alle Infektionen erfasst werden – ob wegen unzureichendem Testen oder bewusster Manipulation.
Ist Corona nicht genauso wie eine übliche Grippe?
Es gibt diverse Gründe, warum die Grippe nicht zum Vergleich mit dem Coronavirus taugt: Unter anderem ist sie eine lange bekannte Krankheit, es gibt erprobte Impfmöglichkeiten, das Potenzial eines schweren Verlaufs ist deutlich niedriger als bei Covid-19.
Inzidenz
Warum wird überall der Inzidenzwert als wichtigste Metrik verwendet?
Der Inzidenzwert ist eine gängige Metrik in der Medizin. Sie beschreibt die Zahl der Neuerkrankungen. In der Regel wird sie “pro 100.000” angegeben, um Vergleiche zwischen verschiedenen Populationen mit unterschiedlicher Größe zu ermöglichen. In der Corona-Pandemie ist der gängige Inzidenzwert die Zahl (Summe) der bekannten Neuinfektionen innerhalb von sieben Tagen. Dadurch sind alle Tage der Woche einmal vertreten, was wochentagsspezifische Schwankungen ausgleicht. Eine ähnliche Funktion hat ein Mittelwert über sieben Tage. Denn zwischen der Meldung eines positiven Ergebnisses vom Labor an das Gesundheitsamt, von dort zur zuständigen Landesbehörde und zum Robert Koch-Institut vergeht einige Zeit.
Warum wird sowohl die offizielle Inzidenz als auch die Inzidenz mit Nachmeldungen dargestellt?
Auf Basis der offiziellen, eingefrorenen Inzidenz werden Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz verhängt. Mit ihr sind deswegen unmittelbar Einschränkungen des öffentlichen Lebens verbunden. Deswegen ist sie die wichtigste Maßzahl in ihrer Kategorie.
Gleichzeitig hat sie Schwachstellen, da sie die Fallzahlen systematisch unterschätzt. Das liegt daran, dass die Inzidenz aufgrund von Zeitreihen berechnet wird, in denen das Meldedatum an die Kreisbehörden entscheidend ist – nicht das Meldedatum an das RKI. Durch Verzögerungen in den Meldeketten gibt es tagelang Nachmeldungen, die die Inzidenz erhöhen.
Die „eingefrorenen“ Inzidenzen berücksichtigen die Nachmeldungen nicht. Dieser Unterschied zwischen der rein bürokratischen Betrachtungsweise und der tatsächlichen Pandemieentwicklung ist jedoch höchst relevant, weswegen beide Werte veröffentlicht werden. Per Definition sind beide Inzidenz-Zahlen am letzten verfügbaren Tag gleich, da an diesem Tag noch keine Nachmeldungen eingetroffen sein können.
Der als „SZ-Inzidenz“ bezeichnete Inzidenzwert unterscheidet sich wiederum von den beiden anderen Werten, da er auf Basis des Meldedatums des RKI (nicht dessen der Kreisbehörden) erstellt wird.
Warum berechnet die SZ einen eigenen Inzidenzwert?
Nach einer Analyse der SZ (zu einem ähnlichen Ergebnis kam auch der Spiegel) sind die Inzidenzwerte, die das RKI für viele Kreise meldet, zu niedrig.
Das liegt zum einen daran, dass das RKI über den Tag verteilt die Meldungen aus den Bundesländern erhält, also in vielen Fällen gar nicht der komplette Tag in die Berechnung eingeht.
Zum Anderen liegt das an der Berechnungsart des RKI, das die Fälle innerhalb von sieben Tagen inklusive Nachmeldungen betrachtet. Dadurch verringert sich der Abstand zwischen dem aktuellen Wert und dem Wert von vor sieben Tagen. Geht man aber davon aus, dass auch für den heutigen Tag noch Fälle nachgemeldet werden - dann fällt der RKI-Wert zu niedrig aus. Das versuchen wir in unserer Berechnung zu berücksichtigen und vergleichen daher die rohen Werte des RKI exklusive Nachmeldungen für die vergangenen sieben Tage.
Der Nachteil dieser Methode ist, dass berechtigte Korrekturen – beispielsweise von Doppelzählungen – nicht beachtet werden können und die Inzidenz durch diese sogar negativ werden kann. Dies kann wiederum dazu führen, dass das Infektionsgeschehen der letzten Tage falsch dargestellt wird.
Die komplette Recherche und eine genauere Erläuterung finden Sie hier.
Da die vom RKI berechnete Inzidenz aber maßgeblich für die Gültigkeit von politischen Maßnahmen ist, stellen wir sie aktuell ins Zentrum unserer Berichterstattung.
Sie können auf unserer Homepage oberhalb von der Deutschlandkarte mit den Inzidenzen einen Schalter anklicken, der Ihnen alternativ zu den Zahlen des RKI unsere eigenen Berechnungen zeigen, die ein aktuelleres Bild des momentanen Infektionsgeschehens abbilden.
Wie beeinflussen die Mutanten die Fallzahlen?
Im Laufe der Sars-CoV-2-Pandemie sind viele verschiedene Virus-Varianten entstanden. Meistens ist das nicht weiter schlimm. Einige Varianten sind allerdings sehr viel ansteckender als der Wildtyp. Dies trifft etwa auf die zuerst in Großbritannien aufgetretene Variante B117 zu. Hat eine ansteckendere Mutante in einem Land Fuß gefasst, so ist davon auszugehen, dass sie sich im Laufe der Zeit durchsetzt und zur dominanten Variante wird. Sie hat nämlich den entscheidenden Vorteil, dass sie sich schneller ausbreiten kann als der Wildtyp.
Das Problem dabei: Die Maßnahmen, die vorher ausgereicht haben, um den Wildtyp unter Kontrolle zu halten, könnten dann nicht mehr strikt genug sein, um eine exponentielle Verbreitung der Virusvariante zu verhindern. Wenn sich eine Mutante wie B117 ausbreitet, wird es also schwieriger, die Pandemie unter Kontrolle zu halten. Wie Beispiele etwa aus Großbritannien zeigen, wo B117 schon deutlich früher die Oberhand gewann als in Deutschland, ist es aber weiterhin möglich, die Fallzahlen mit effektiven Maßnahmen zu drücken.
Lockdown/Maßnahmen
Wie schnell wirken sich Maßnahmen, etwa Schulschließungen und Ausgangsbeschränkungen, auf die Fallzahlen aus?
Die Inkubationszeit von Covid-19 liegt laut Angaben des Robert-Koch-Instituts bei fünf bis sechs Tagen. In der Regel treten also erst eine knappe Woche nach Ansteckung die ersten Symptome auf. Ab dann kommt ein Test in Frage. Bis dieser stattfindet, kann eine Wartezeit vergehen, anschließend dauert es meist einen oder mehrere Tage, bis ein Ergebnis vorliegt. Dieses muss dann an die Behörden gemeldet und von diesen veröffentlicht werden. So finden sich neue Infektionen erst nach etwa zehn bis vierzehn Tagen in den Fallzahlen wieder. So lange dauert es daher auch, bis sich etwaige Maßnahmen in den Zahlen niederschlagen.
Tests
Wie viele Tests erfolgen auf das Coronavirus?
Das RKI veröffentlicht die Daten zur Zahl der durchgeführten Tests einmal pro Woche. In Deutschland ist derzeit von über einer Million Tests pro Woche auszugehen. Die Kapazität liegt sogar bei mehr als zwei Millionen Tests. Einen internationalen Überblick gibt es auf der englischsprachigen Website Our World in Data der Universität Oxford.
Welche Rolle spielt die Zahl der Tests für die Zahl der bestätigten Corona-Fälle?
Bislang wird in den meisten Staaten nach wie vor zu wenig getestet. Es ist anzunehmen, dass viele Fälle unentdeckt bleiben und die tatsächliche Zahl der Infizierten die per Test bestätigten Fälle weit übersteigt.
Generell ist jedoch auch ein umgekehrter Effekt denkbar: ein Anstieg der Fallzahlen, der nicht auf steigende Fallzahlen, sondern vor allem auf zusätzliche Tests zurückzuführen ist. Dies ist jedoch recht einfach zu erkennen, wenn man die Zahl der insgesamt durchgeführten Tests betrachtet.
Auch deshalb sollten die Neuinfektionen immer nur als eine Metrik begriffen werden, um die Ausbreitung des Coronavirus einschätzen zu können. Unabhängig von der Zahl der Tests liefern die Zahlen der Verstorbenen und die Zahl der Patienten in Intensivbehandlung Informationen über die Pandemielage.
Todesfälle
Woher kommen die großen Unterschiede in der Sterblichkeit von Land zu Land?
Unter der Sterblichkeit (Letalität) versteht man den Anteil der Verstorbenen unter allen Infizierten. Diese Zahl lässt sich jedoch meist nicht bestimmen, da viele Infizierte nicht erfasst werden. Etwa, weil sie keine Symptome zeigen oder die Testkapazitäten begrenzt sind. Als Orientierung können die Daten von der Diamond Princess herangezogen werden: Das Kreuzfahrtschiff lag wochenlang unter Quarantäne, Passagiere und Besatzung wurden ausgiebig getestet. Die Letalität lag bei 1,2 Prozent der Infizierten.
In den nationalen Statistiken der von Covid-19 betroffenen Länder kann nur der Anteil der Verstorbenen unter den bestätigten Fällen bestimmt werden. Ist dieser Anteil ungewöhnlich hoch, deutet das auf eine große Zahl unentdeckter Infektionen hin. Weitere Erklärungen für eine erhöhte Sterblichkeit können eine besonders alte Bevölkerung und ein überfordertes Gesundheitssystem sein.
Gleichen sich die Coronatoten und die niedrigeren Zahlen durch andere Krankheiten nicht aus?
Tatsächlich wurden im Jahr 2020 und auch 2021 deutlich weniger Grippefälle erfasst, als in Nicht-Coronajahren. Das ist plausibel, denn die Grippe verbreitet sich ähnlich, wie das Coronavirus. Weil Kontakte eingeschränkt sind, kann sich also auch diese Krankheit weniger gut verbreiten.
Um zu verstehen, ob Corona tatsächlich mehr Menschenleben fordert, gibt es die Metrik der Übersterblichkeit. Sie vergleicht, wie viele Menschen im Bezug zu einem Vergleichszeitraum verstorben sind.
Dieses Ergebnis bleibt stabil - auch wenn man berücksichtigt, dass es immer mehr ältere Menschen in Deutschland gibt. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch Berechnungen des ifo-Instituts und der LMU München. Zudem zeigt sich bei der Übersterblichkeit auch das Präventionsparadox: Man kann nicht analysieren, wie viele Menschen an Corona gestorben wären, wenn es keine Ausgangsbeschränkungen und Maskenpflicht gegeben hätte.
Ärzte und auch das Forschungsinstitut der AOK warnen aber davor, dass durch die Corona-Maßnahmen möglicherweise auch mehr Menschen an anderen Krankheiten sterben könnten. Einiges deutet darauf hin, dass weniger andere Erkrankungen behandelt wurden: Die AOK konnte für den ersten Lockdown einen Rückgang der Fallzahlen von Krankenhausbehandlungen um 39 Prozent feststellen, darunter waren zum großen Teil Operationen zum Einsetzen einer neuen Hüfte, die verschoben wurden. Zum Teil gingen aber auch die Behandlungen von Notfallsituationen, wie Herzinfarkten oder Schlaganfällen, zurück. Die AOK vermutet, dass die Menschen im ersten Lockdown auch seltener den Rettungsdienst gerufen haben - auch wenn es notwendig gewesen wäre. Die Techniker Krankenkasse geht aber auch davon aus, dass ein Teil der geplanten Operationen schlicht unnötig gewesen sei - und die Beschwerden durch andere Behandlungsmethoden verschwunden wären.
Wären die Coronatoten nicht sowieso bald gestorben?
Die kurze Antwort: nein. Die lange Antwort: Die meisten an Covid-19 verstorbenen Menschen hätten noch viele Lebensjahre vor sich gehabt, auch die vielen Verstorbenen im betagten Alter. Das zeigten schon im Frühjahr 2020 Forscher der Universität im schottischen Glasgow, Berechnungen des Robert-Koch-Instituts aus dem Februar 2021 bestätigen dies. Demnach hätten die Verstorbenen durchschnittlich noch rund zehn Jahre zu leben gehabt.
Sterben die Menschen an oder mit Covid-19?
In der Statistik des Robert-Koch-Institut werden alle Verstorbenen gezählt, die positiv auf Sars-CoV-2 getestet wurden und in der Folge der Infektion gestorben sind. In den meisten Fällen ist die Covid-19-Erkrankung auch die Todesursache. “In mehr als drei Viertel der Obduktionen konnte die Covid-19-Erkrankung als wesentliche oder alleinige zum Tode führende Erkrankung dokumentiert werden”, lautet das Ergebnis einer Auswertung von Obduktionsergebnissen des Bundesverbands Deutscher Pathologen, der Deutschen Gesellschaft für Pathologie und der Deutschen Gesellschaft für Neuropathologie und Neuroanatomie.
Impfung
Erfahren Sie hier im SZ-Impfbot, wann Sie mit einem Impftermin rechnen können.
Wie berechnet sich der Anteil der Geimpften an der Gesamtbevölkerung?
Das Robert-Koch-Institut veröffentlicht werktäglich, wie viele Menschen bereits eine Impfung gegen Sars-CoV-2 erhalten haben. Dabei wird zwischen Erst- und Zweitimpfungen unterschieden, da bei den meisten Vakzinen der volle Schutz erst nach der zweiten Impfung erreicht wird. Teilt man die Zahl der Menschen, die bereits eine Erst- oder Zweitimpfung bekommen haben durch die 83 Millionen (die Gesamtbevölkerung von Deutschland), erhält man den Anteil der Geimpften in Prozent.
Warum ändert sich die Zahl der Geimpften in Deutschland am Wochenende nicht?
Das Robert-Koch-Institut veröffentlicht in der Regel nur werktags neue Zahlen zu den Impfungen. Die verabreichten Dosen vom Wochenende werden größtenteils montags um etwa neun Uhr nachgemeldet.
Darstellung
Warum stellen Sie die Entwicklung der Infektionen nicht mit logarithmischen Skalen dar?
Die Verbreitung des Coronavirus verläuft exponentiell. Daher liegt es nahe, die Kurven logarithmisch darzustellen. In logarithmischer Darstellung wird ein exponentieller Anstieg zur geraden Linie – so lässt sich schnell erkennen, ob sich die Kurve beschleunigt oder abflacht. Daher haben wir gerade zu Beginn der Pandemie auch immer wieder logarithmische Skalen eingesetzt. Aus zahlreichen Feedbacks können wir jedoch schließen, dass diese Darstellung für viele Leserinnen und Leser ungewohnt und schwierig zu interpretieren ist. Daher setzen wir logarithmische Grafiken inzwischen nur vereinzelt ein.
Warum gibt es am Wochenende in der gedruckten Zeitung keine Corona-Statistiken?
Der Wissen-Teil am Wochenende hat, anders als die Wissen-Seiten an normalen Wochentagen, stärker einen Magazin-Charakter. Wir bringen am Wochenende längere Berichte mit viel Hintergrund sowie Reportagen und andere Formate, immer mit opulenter Optik. Das braucht etwas Platz und verträgt sich in der Printausgabe leider schlecht mit der großen Corona-Grafik.
Die Zahlen sind aber selbstverständlich in der Digitalausgabe und stets aktuell online abrufbar.
Warum wird ein bestimmtes Land nicht mehr in der Grafik angezeigt?
Wir passen unsere Grafiken von Zeit zu Zeit an die aktuelle Pandemielage an, und versuchen einen Querschnitt an Ländern zu zeigen, die uns in Deutschland beschäftigen und die von der Pandemie stark oder besonders gering getroffen werden.
Durch den beschränkten Platz in der Grafik und auch in unserer Printausgabe, können wir schlicht nicht alle Länder abbilden.
Daher finden Sie die Fallzahlen vieler Länder auf dem Dashboard auf unserer Homepage. Suchen Sie auf SZ.de die Deutschland-Karte mit den Inzidenzen und klicken Sie darüber auf den Reiter „Weltweit”. Zudem finden Sie im Reiter „Sterblichkeit” die Todesfälle aus einigen ausgewählten Staaten (unabhängig von Corona-Diagnosen erfasst), auch diese Kurve ist sehr aufschlussreich.
Warum haben sich die Farben für die Karte verändert?
Die Coronasituation verändert sich immer wieder. Wir versuchen daher, auch die Farben der Karten mit den Inzidenzwerten anzupassen, ohne dabei durch zu viele Verschiebungen zu irritieren.
Die jüngste Veränderung zum November 2021 betraf die Maximalwerte. Weil erstmals Inzidenzen über 1000 auftraten, brauchten wir neue Farben, um diese Werte darstellen zu können. Wir haben uns dafür entschieden, die Maximalwerte stärker zu unterteilen und nutzen dafür zwei zusätzliche Farben am oberen Ende der Skala. Das bedeutet, dass die Karten weiterhin zur Vergangenheit vergleichbar bleiben, weil sich die Skala nicht verschiebt. Sie wird nur erweitert.
Wenn die Inzidenzwerte allerdings in Zukunft noch höher werden, könnte eine weitere Veränderung nötig werden. Dann muss die Farbskala möglicherweise doch verschoben werden, weil nicht mehr genügend unterscheidbare Farben zur Verfügung stehen.