Börse

Das sind die zehn Dax-Neulinge

Der Dax wird größer: Von diesem Montag an umfasst Deutschlands wichtigster Aktienindex 40 Unternehmen. Die zehn Neuen im Check.

Von Caspar Busse

17. September 2021 - 6 Min. Lesezeit

Von dieser Woche an ist es soweit: Der Dax wird größer. Künftig umfasst der wichtigste deutsche Aktienindex die 40 größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland, zehn mehr als bisher. Es ist die größte Veränderung des Dax seit dessen Einführung vor 33 Jahren. Das Ziel: Der Dax soll die deutsche Wirtschaft besser abbilden, darauf drängen auch viele Investoren seit Langem. Aber funktioniert das auch? Und wer sind die zehn neuen Dax-Mitglieder überhaupt?

Traditionell war der Dax von Anfang an sehr industrie- und finanzlastig. Elf Mitglieder sind bereits seit dem Start des Börsenbarometers im Jahr 1988 dabei, es sind die Traditionsunternehmen Allianz, Deutsche Bank, BASF, Bayer, BMW, Daimler, Volkswagen, Linde, RWE, Henkel und Siemens, die meisten von ihnen sind noch immer Schwergewichte - alte Schule gewissermaßen.

Doch die Wirtschaft ändert sich, viele einst große Namen sind inzwischen verschwunden oder nicht mehr im Dax, in den vergangenen Jahren mussten etwa Commerzbank, Thyssenkrupp oder Lufthansa weichen. Neue junge Unternehmen etablieren sich. Das zeigt sich jetzt auch im Dax: Nach der Erweiterung gibt es gleich drei Internetfirmen aus Berlin, die einst alle mithilfe von Seriengründer Oliver Samwer groß geworden und dann an die Börse gegangen sind. Neben der Lieferfirma Delivery Hero, die schon im vergangenen Jahr im Dax die Skandalfirma Wirecard ersetzt hat, kommen jetzt Zalando und Hellofresh hinzu, zusammengerechnet bringt es das Trio auf einen Börsenwert von 70 Milliarden Euro, fast so viel wie die Deutsche Post. Da die Dax-Aufsteiger ihrem Top-Management im Schnitt höhere Verdienstoptionen bieten als die bisherigen Dax-Mitglieder, steigen die durchschnittlichen Vergütungen für Vorstände von 6,3 auf 6,5 Millionen Euro. Viele der Neulinge haben besonders von der Corona-Pandemie profitiert, die Aktienkurse legten zu - Voraussetzung für den Aufstieg in den Dax.

Die Aufstockung hat aber auch negative Effekte. Laut einer Auswertung der Personalberatung Russell Reynolds geht durch sie der Anteil von Frauen in Dax-Führungspositionen erstmals wieder zurück. Die Hälfte der neu aufgenommen Unternehmen hat sogar gar keine Frau im Vorstand - ein Rückschlag für das Bemühen um mehr Diversität bei deutschen Topunternehmen. Schlecht sieht es auch für das Modell der Mitbestimmung aus, also die Teilhabe der Arbeitnehmer bei der Unternehmensführung. 2015 galt noch bei allen 30 Dax-Unternehmen die paritätische Mitbestimmung, Kapitaleigner und Arbeitnehmer entsenden also die gleiche Anzahl von Mitgliedern in den Aufsichtsrat. Im neuen Dax-40 wird es dieses Modell in 30 Prozent der Unternehmen nicht mehr geben.

Die Dax-Neulinge in alphabetischer Reihenfolge

Airbus

Fliegen trotz Krise

Der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern mit einem Umsatz von 50 Milliarden Euro und rund 130 000 Beschäftigten ist ein Schwergewicht. Der Börsenwert beträgt knapp 90 Milliarden Euro, er ist damit der Wichtigste der Dax-Neulinge. Der Konzern, im Jahr 2000 gegründet, hat seinen Hauptsitz im südfranzösischen Toulouse und ist neben dem US-Unternehmen Boeing der weltweit größte Hersteller von Passagierflugzeugen. Im vergangenen Jahr hat Airbus die Pandemie heftig zu spüren bekommen, der Flugverkehr kam fast vollständig zum Erliegen. Doch nun steigt die Nachfrage besonders nach sparsamen Flugzeugen wieder deutlich an.

Brenntag

Handel mit Chemie

Das Unternehmen aus Essen bezeichnet sich als Weltmarktführer beim Handel mit Chemikalien und anderen Inhaltsstoffen. Brenntag fungiert als Zwischenhändler, bezieht die Produkte also von Chemieunternehmen und gibt sie dann an das produzierende Gewerbe weiter - und ist deshalb Endkunden meist kein Begriff. Mit 17 000 Mitarbeitern weltweit lag der Umsatz zuletzt bei etwa zwölf Milliarden Euro, gerade erst hat das Unternehmen die Prognosen erneut angehoben. Brenntag gehörte lange zum Stinnes-Konzern, kam dann in die Hände von Finanzinvestoren und ist seit 2010 an der Börse.

Hellofresh

Essen in Boxen

Vor zehn Jahren in Berlin gegründet hat die Internetfirma in der Pandemie einen ungeahnten Aufschwung genommen. Hellofresh liefert sogenannte Kochboxen. Darin: die exakt abgemessenen Zutaten für ein Gericht samt Rezept. Der Kunde kocht dann selbst. Rund 30 Minuten soll die Zubereitung dauern, angeboten werden etwa 20 wöchentlich wechselnde Gerichte. Es können Abos für eine unterschiedliche Zahl von Tagen und Personen abgeschlossen werden, das bringt Sicherheit für das Geschäftsmodell. Inzwischen gibt es weltweit fast acht Millionen Kunden, beschäftigt werden rund 15 000 Mitarbeiter.

Porsche

Holding für VW

Der legendäre Hersteller von schnellen Sportwagen aus Stuttgart-Zuffenhausen ist Teil des VW-Konzerns. In den Dax-40 aufgestiegen ist jetzt allerdings die Finanzfirma Porsche Automobilholding SE, die erst 2007 entstanden ist. Diese hält die Mehrheit der Stammaktien am VW-Konzern aus Wolfsburg, mit zwölf Marken einer der größten Autohersteller der Welt und selbst im Dax notiert. Porsche ist also lediglich eine Holding ohne eigenes operatives Geschäft.

Puma

Erfolg mit Sport

Der Sportartikelkonzern aus Herzogenaurach wurde einst wie Adidas von den Gebrüdern Dassler gegründet, nach dem zweiten Weltkrieg trennten sich aber deren Wege. Mit gut fünf Milliarden Euro Umsatz und 14 000 Beschäftigten ist Puma weltweit die Nummer drei der Branche hinter Nike und Adidas. Der ehemalige Großaktionär Kering hatte zuletzt fast alle Anteile verkauft. Die Geschäfte laufen gerade gut, Italien etwa wurde in Puma-Trikots Europameister. Puma konzentriert sich nach einem Ausflug in die Modewelt jetzt wieder sehr auf Sport.

Qiagen

Aufstieg statt Übernahme

Das Unternehmen mit Doppelsitz in Hilden und dem niederländischen Venlo war noch vor zwei Jahren ein Übernahmekandidat. Der amerikanische Thermo-Fisher-Scientific-Konzern wollte Qiagen übernehmen. Vorstand und Aufsichtsrat unterstützten den Plan, der dann aber an der Börse scheiterte, weil nicht genügend Aktionäre ihre Anteile verkauften. Zuletzt profitierte Qiagen sehr von der Pandemie, denn die Biotechfirma ist unter anderem auf Tests zum Nachweis von Krankheiten und auf Laborgeräte spezialisiert. Qiagen war einst die erste deutsche Gesellschaft, die an die US-Börse Nasdaq ging.

Sartorius

Tradition und Zukunft

Den Laborzulieferer aus Göttingen kann man durchaus zu den Gewinnern der Corona-Krise zählen. Denn die Produkte von Sartorius wie Waagen, Pipetten und Verbrauchsmaterialien für Labore sind sehr gefragt und werden in hohen Stückzahlen verkauft. Die Anfänge der Firma gehen auf das Jahr 1870 zurück, damals schon mit der Produktion von Waagen. Heute ist Sartorius, bereits seit 1990 an der Börse, mit rund 10 000 Mitarbeitern weltweit aktiv. Kunden sind vor allem Biotech-Firmen und -Wissenschaftler, vom Boom dieser Branche profitieren auch die Niedersachsen.

Siemens Healthineers

Aus der Familie

Der Medizintechnikkonzern aus Erlangen ist bereits das vierte Unternehmen aus der sogenannten Siemens-Familie im Dax. Neben dem Konzern selbst gehören dazu das abgespaltene Energiegeschäft unter dem Namen Siemens Energy und der Chiphersteller Infineon, der schon seit 2000 an der Börse ist. Beide sind unabhängig. An Siemens Healthineers dagegen hält Siemens seit dem Börsengang im Jahr 2018 weiter die bestimmende Mehrheit, was sich vorerst auch nicht ändern soll. Das Unternehmen stellt unter anderem Computertomographen her, machte zuletzt gute Geschäfte mit Corona-Tests und kaufte 2020 Varian, ein amerikanischer Hersteller von Hardware und Softwaresystemen für Strahlentherapie.

Symrise

Wachstum mit Düften

Der Duft- und Aromenhersteller aus Holzminden in Niedersachsen erwirtschaftet mit rund 10 500 Mitarbeitern einen Umsatz von 3,5 Milliarden Euro und ist erst 2003 durch die Fusion zweier Konkurrenten entstanden - damals unter der Regie eines Finanzinvestors. Ende 2006 erfolgte dann der Börsengang, seitdem wächst Symrise deutlich und weltweit. Die Nachfrage ist groß, Aromen und Duftstoffe stecken in vielen Produkten, von der Zahnpasta über Essen und Getränke bis hin zu Parfum.

Zalando

Mode aus dem Karton

Der Online-Modehändler fing vor mehr als zehn Jahren damit an, aus einem Keller heraus Flip-Flops zu verkaufen, wie Mitgründer und Firmenchef Robert Gentz erzählt. Heute hat Zalando europaweit rund 45 Millionen Kundinnen und Kunden in 23 Ländern - es ist eine der wenigen sehr erfolgreichen Internet-Gründergeschichten in Deutschland. Zalando ist eine Größe im Online-Handel, allein zwischen 2014 und 2020 hat sich das Geschäft vervierfacht. Das Ziel: Zalando will zehn Prozent des europäischen Modemarkts erreichen. Gewinne werden wieder investiert.

Team

Collage Jessy Asmus
Bildredaktion Daniel Hofer, Jessy Asmus
Digitales Storytelling Elisa von Grafenstein