Transparenz-Blog

Leserkommentare: Alles wie bisher – nur besser

Der Relaunch der SZ-Leserkommentare, und welche Perspektiven die neue Kommentarfunktion der SZ-Community bietet.

Daniel Wüllner (Teamleiter Social Media und Leserdialog)

2 Min. Lesezeit

Woran erkennt man eine gute Zeitung? Auf diese fast schon philosophische Frage hat die Süddeutsche Zeitung im Jahr 2015 eine klare Antwort gegeben: “Eine gute Zeitung erkennt man an ihren Lesern” war das Motto ihrer Imagekampagne. Sie zeigte SZ-Leserinnen und -Leser mit ihrer Zeitung fest unter dem Arm geklemmt oder gemütlich mit dem Laptop im Café sitzend. Was in der Kampagne nicht zu sehen war: Ob die Leser auch Kommentare geschrieben haben. Denn auch an Leserkommentaren erkennt man eine gute Zeitung.

Kommentare unter oder neben Artikeln werden auf deutschen Nachrichtenseiten leider viel zu oft als notwendiges Übel gesehen. Nutzerinnen und Nutzer sollen sich bitte auf der Website anmelden. Sie sollen dort Zeit verbringen und Klicks generieren. Nur schmutzig machen sollen sie dabei bitte nichts. Über “Trolle” und “Hate-Speech” wird oft diskutiert. Doch eine solche Wahrnehmung verkennt das Potential dieser Kommunikationsform. Eine Zeitung, die sich um die Gemeinschaft der kommentierenden Leserinnen und Leser kümmert und ihnen zuhört, wird von dieser Kommunikation profitieren. In einem Dialog auf Augenhöhe verschwinden Trolle, und diese Gemeinschaft kann zu einem integralen Bestandteil journalistischer Arbeit werden. Kurz zusammengefasst: Eine gute Zeitung erkennt man an ihrer Community.

Am Aufbau einer solchen Gemeinschaft will die Süddeutsche Zeitung in Zukunft verstärkt arbeiten - und lädt die Leser zu diesem Prozess ein. Erster Schritt dazu ist der Abschied von ihrem alten Kommentarsystem „Disqus“. Grund für diese Entscheidung waren neben den Hürden bei Anmeldung und Nutzungsmöglichkeiten vor allem fehlende technischen Möglichkeiten. Disqus wird ersetzt durch die neue Software „Talk“, welche das Mozilla Firefox Project in Zusammenarbeit mit Washington Post und New York Times entwickelt hat. Talk ist speziell an die Bedürfnisse der Leserinnen und Leser angepasst.

Das Programm ist in Deutschland mittlerweile Branchenstandard und wird von der deutschen Firma Ferret Go als „Conversario“ aufgesetzt, selbstverständlich DSGVO-konform. Kommentare werden auf deutschen Servern in Frankfurt gespeichert. Die Gemeinschaft von SZ-Leserinnen und -Lesern meldet sich künftig ausschließlich mit einem SZ-Login dazu an.

In einem ersten Schritt freuen wir uns nach der Umstellung auf Feedback und Vorschläge der Community. Danach will die Süddeutsche Zeitung aber nicht stehenbleiben: Die Software soll die Grundlage bilden, um mehr Möglichkeiten der Interaktion mit der Redaktion zu bieten. So sollen in Zukunft vermehrt Gespräche zwischen Autoren und Leser*innen geführt werden. Der neue Leserdialog soll eine Heimat bekommen und weiter mit seinen Leser*innen wachsen.

Denn eine gute Zeitung erkennt man nicht nur an ihren Leserinnen und Lesern, sondern selbstverständlich auch an deren aktiver Mitarbeit.