Nirgendwo in Afrika

Die EU hat einen Deal mit Niger abgeschlossen: Ihr sperrt eure Fluchtroute, wir belohnen euch dafür mit Geld. Wie hoch der Preis wirklich ist, sieht man in der Wüstenstadt Agadez.

Von Bernd Dörries

Die Nummer 1 auf der Speisekarte, zwei Eier im Brot, hätte umgerechnet 80 Cent gekostet, die Nummer 13, das Cous-Cous mit Fleisch, wäre für 2,50 Euro zu haben gewesen. Aber die beiden Gerichte gibt es nicht mehr in dem Restaurant im Busbahnhof. Es gibt gar keine mehr. „Ich habe kein Gas mehr für den Herd“, sagt Ousman Chérif Baldé, 27, ein schmaler langer Kerl im roten Trikot des FC Liverpool.



Er hat auch kein Geld mehr für Zutaten, Kundschaft fehlt. Es kommen zu wenige Flüchtlinge in Agadez vorbei.Ein Restaurant von Flüchtlingen für Flüchtlinge wollte er hier zum Laufen bringen. Und so hat er es dann auch genannt, „Restaurant Migrants Africains“, er hat einen Raum gemietet, einen Herd und Stühle gekauft. Doch jetzt sitzt da niemand mehr außer Ousman Chérif Baldé selbst, er sitzt da wie in einem Wartezimmer, in dem keiner mehr aufgerufen wird. Dabei wollte er mit dem Laden Geld verdienen für einen eigenen Anlauf nach Europa, für einen weiteren.

Zwölf Geschwister waren sie in Senegal in einem Dorf, als die Familie entschied, dass er es versuchen müsse. 2007 war das, seitdem rennt Ousman Chérif Baldé gegen Europa an. Er hat es von Mauretanien aus über das Meer versucht, wurde aus Spanien abgeschoben und in Libyen als Geisel genommen und von Schleusern gefoltert. Er war in Algerien und Marokko, er hat Menschen ertrinken gesehen im Mittelmeer, in Spanien hat die Polizei nach ihm gesucht.