Die Chefin

Angela Merkel hat auf CDU-Parteitagen Triumphe gefeiert und bittere Niederlagen einstecken müssen. Ein Blick zurück zeigt, wie sie die Partei geprägt hat.

Von Stefan Braun, Sebastian Gierke und Robert Roßmann

Ein banger Blick, ein erleichtertes Lächeln, es ist der Moment ihres ersten großen Erfolges. 10. April 2000, 13. Parteitag der CDU in Essen. Angela Merkel, 45 Jahre alt, wird zur Parteivorsitzenden gewählt. 

Ein banger Blick, ein erleichtertes Lächeln, es ist der Moment ihres ersten großen Erfolges. 10. April 2000, 13. Parteitag der CDU in Essen. Angela Merkel, 45 Jahre alt, wird zur Parteivorsitzenden gewählt. 

Sie erhebt sich und die ersten beiden Männer, die ihr gratulieren sind jene, die heute, 18 Jahre später, ihr politisches Erbe in Gefahr bringen. Links Wolfgang Schäuble, rechts Friedrich Merz, der nun antritt, ihr Nachfolger zu werden.

Neun Mal war Merkel angetreten, neun Mal wurde sie gewählt. Lange hat sie überlegt, ob sie noch ein zehntes Mal antritt. Sie hat sich dagegen entschieden. Jetzt hat die Christlich Demokratische Union Deutschlands mit Annegret Kramp-Karrenbauer eine neue Chefin. 

Wie ist es dazu gekommen? Auf den mittlerweile insgesamt 19 Parteitagen seit 2000 hat Merkel Triumphe gefeiert und bittere Niederlagen einstecken müssen. 

Gegen wen sie kämpfen musste

Die wichtigsten Ereignisse der Parteitage zeigen auch, wie Merkel die CDU geprägt hat, wohin sie die Partei gelenkt hat, gegen wen sie kämpfen musste. Und sie geben Hinweise darauf, was auf ihre Nachfolgerin zukommt. 

Reporter der Süddeutschen Zeitung haben alle Parteitage der Angela Merkel begleitet. Eine Reise zwischen Essen, Dresden und Karlsruhe - und zu Momenten, die die Karriere der Kanzlerin ermöglicht haben und welche die CDU auf Jahre hinaus prägen werden.

Essen 2000

"Die Stunde unserer Gegner ist vorbei"

Das CDU-Ergebnis der Sonntagsfrage vor dem Parteitag

Auf diesem Parteitag hat für Angela Merkel nicht alles neu angefangen. In der CDU spielt sie schon seit fast zehn Jahren eine herausgehobene Rolle. Und doch beginnt der wahre Aufstieg der damals 45-jährigen Pfarrerstochter an diesem 10. April 2000.

Die Umgebung ist wenig schmeichelhaft; die Essener Gruga-Halle erinnert nicht an einen Festsaal, sondern an eine Tiefgarage. Der neuen Euphorie der Christdemokraten aber tut das keinen Abbruch.

Merkel gilt in diesen Wochen so sehr als neue Hoffnungsträgerin, wie sie das später kaum je wieder sein wird. Insbesondere die Basis hat sie in diese Rolle befördert; bei den vorangegangenen Regionalkonferenzen wurden ihre kämpferischen Reden (Ja, die gab es damals wirklich!) vom Parteivolk bejubelt.

Nichts half ihr mehr beim Bemühen, sich an die Spitze der Erneuerer zu stellen. "Die Stunde unserer Gegner ist vorbei", ruft sie an diesem Tag den 1001 Delegierten zu – und erntet tosenden Applaus. Nach Monaten des politischen Absturzes und weit verbreiteter Endzeitgedanken in den Reihen der Christdemokraten beginnt für die CDU eine neue Zeitrechnung. "Wir sind wieder da", heißt die Parole der neuen Parteichefin.

Merz, Merkel, Polenz.
Merz, Merkel, Polenz.

Gegner hat Merkel an diesem Tag keine. Jedenfalls gibt es niemanden, der offen sein Gesicht in den Sturm stellen würde. Dass sprichwörtlich am Rande des Treffens viele ältere Herren das Geschehen kopfschüttelnd begleiten, ist zwar richtig, aber in Essen wirkt das nicht mutig, sondern feige.  

Außerdem hat Helmut Kohl entschieden, erstmals nach knapp fünfzig Jahren nicht auf einem Parteitag zu erscheinen. Und Wolfgang Schäuble, der zweite große Gestürzte, nimmt nicht mit einer Provokation, sondern mit einer nachdenklichen Rede Abschied vom Vorsitz. Zu hart waren die Skandalwochen zuvor für die Partei gewesen; zu sehr sind auch potenzielle Konkurrenten wie Roland Koch durch Fehler des eigenen Landesverbandes geschwächt und ausgebremst worden.

Der Einzige, der in Essen deutlich zeigt, dass er auch noch da ist, heißt Friedrich Merz. Er ist als neuer Fraktionschef gekommen – und macht deutlich, dass er das Amt ganz, ganz lange behalten möchte. In Essen gibt es noch keinen Krach und keine Streitereien zwischen den beiden. Klar wird nur, dass beide sehr entschlossen in den Wettbewerb ziehen werden.

Leipzig 2003

„Ich will, dass wir vorbereitet sind auf den Machtwechsel“

Der Parteitag von Leipzig wird in den Annalen der CDU auf ewig einen besonderen Platz einnehmen. Es ist der wahrscheinlich euphorischste der Merkel-Ära.

Und er wird als das Treffen in Erinnerung bleiben, auf dem Merkel ganz entgegen ihrer späteren Vorsicht alle Abwägungen, Zweifel und Bedenken beiseite gelegt hat.

Kopfpauschale in der Gesundheitspolitik, dazu eine große Steuerreform; mit großer Verve beschließt der Parteitag einen ziemlich radikalen Umbau des Sozialsystems – und das auch noch fast einstimmig.

Der Einzige nämlich, der sich vom Jubel der Delegierten nicht anstecken lassen möchte, ist Norbert Blüm. Ein Urgestein der CDU-Sozialpolitik sozusagen. Er tritt mitten rein auf die Bühne und kündigt sich an mit den Worten, er müsse jetzt mal die Harmonie stören. Danach schimpft er über die Kopfpauschale und das, was andere sozialen Ausgleich nennen. Blüm spricht von einer "plattgewalzten Gerechtigkeit" und einer "auf den Kopf gestellten Solidarität". Was folgt ist kein Beifall, sondern Buhrufe. Es werden für Blüm die bittersten Stunden seiner langen Karriere.

Was Merkel später einholen wird (Kopfpauschale und Steuerreform wurden nie Regierungshandeln), ficht sie in Leipzig nicht an. Stattdessen erklärt sie den eigenen (meist jubelnden) Truppen, es wäre zwar bequemer gewesen, einfach die schlechte Lage im Land zu beklagen. Sie aber habe sich für viel Programmarbeit entschieden. "Nur auf die Fehler der anderen hinzuweisen, das hilft unserem Land keinen Deut weiter", erklärt Merkel damals. Und fügt hinzu: "Ich will, dass wir vorbereitet sind für den Machtwechsel."

Trotz erheblicher Sprengkraft bleibt für die CDU-Vorsitzende eine andere Baustelle in Leipzig harmlos. Einige Wochen vor dem Parteitag hatte sie den damaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann wegen antisemitischer Äußerungen aus der Fraktion geworfen. Kein leichter und erst recht kein unheikler Schritt. Trotzdem bleibt die Aufregung darüber gering. Zu schön fühlt sich für die allermeisten das Gefühl an, mit großen Reformen Richtung Zukunft unterwegs zu sein. Dass von den Leipziger Ideen wenig übrig bleibt, als Merkel zwei Jahre später ins Kanzleramt einzieht, hätte im Herbst 2003 kaum einer der 1001 Delegierten für möglich gehalten. 

Dresden 2006

„Wir machen Politik für alle“

Drei Jahre später geht es wieder nach Ostdeutschland – und die Stimmung hat sich dramatisch verändert.

Als sich die CDU im Herbst 2006 in Dresden trifft, regiert Merkel in einer großen Koalition mit Franz Müntefering – und muss in der CDU um ihre Macht fürchten. Es gibt zwar keinen direkten Herausforderer. Aber es gibt mit Roland Koch, Günther Oettinger, Christian Wulff, Peter Müller und Jürgen Rüttgers namhafte CDU-Ministerpräsidenten, von denen sich wahrscheinlich jeder Einzelne für den besseren Kanzler halten würde. Zu einer echten Gefahr fürs eigene Amt wird das vor allem deshalb nicht, weil sich die Truppe nicht einig ist, sondern auch untereinander heftig streitet.

Die größte Rolle spielt in Dresden Jürgen Rüttgers, der Regierungschef von Nordrhein-Westfalen. Er hat im Sommer davor ein Interview gegeben, in dem er über die Lebenslügen der CDU (Leipzig!) spricht und eine Reform der Hartz-IV-Gesetze einfordert.

Rüttgers zieht in Dresden die Fäden.
Rüttgers zieht in Dresden die Fäden.

Rüttgers will die CDU sozialer aussehen lassen. Dass diese Forderung für Franz Müntefering, den SPD-Vizekanzler, so etwas wie die größtmögliche Provokation ist, stört Rüttgers wenig. Für Merkel wird das heikel, sie weiß genau, dass sie Müntefering eine Verteidigung der gemeinsamen Linie versprochen hat. Aber als sie merkt, dass Rüttgers mehr Unterstützung erhält als ihr lieb ist, hält sie nicht mehr dagegen und verkleidet das in den je nach Blickwinkel sehr programmatischen oder gar nicht programmatischen Satz: "Wir machen Politik für alle." Das Ergebnis: Rüttgers setzt sich durch - und Müntefering fühlt sich verraten.

Am Ende wird Merkel in Dresden wiedergewählt und zwar mit satten 93 Prozent der Stimmen. Offenkundig mögen nicht alle die vielen kleinen Spitzen der Kochs, Rüttgers und Oettingers. Entsprechend schlechter sind die Ergebnisse der Stellvertreter. Während Annette Schavan noch fast an die 80 Prozent herankommt, erleben Koch, Wulff und vor allem Rüttgers ein Debakel. Letzterer erreicht gerademal 57 Prozent. Wie ein glatter Sieg wirkt das alles trotzdem nicht. Zu sehr haben die Ministerpräsidenten Zwietracht gesät; und zu groß ist der Ärger, den Merkel sich beim Koalitionspartner in Berlin durch ihr Einknicken vor Rüttgers eingehandelt hat.

Karlsruhe 2010

Schwarze Messe

Man glaubt es kaum, aber es hat in der politischen Karriere Angela Merkels auch Tage wie diese gegeben. Tage ganz in Schwarz.

Was in diesem speziellen Fall nicht nur heißt, dass sie am ersten Tag ganz in Schwarz auftritt, sondern auch eine Rede hält, nach der man den Eindruck hat, Merkel gehöre zum konservativen, also tief schwarzen Teil der Christdemokraten.

Es ist der 15. November 2010 in Karlsruhe, und die CDU hat Wochen und Monate hinter sich, die fürchterlich waren. Das lag zum einen daran, dass die Koalition mit der FDP von einer schweren Krise in die nächste stolperte. Zum anderen aber hatten sich CDU-Politiker intern so sehr in einen Streit um Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke verstrickt, dass das Publikum sich fragte, ob der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus und der Bundesumweltminister Norbert Röttgen sich irgendwann zum Duell im Morgengrauen verabreden würden.

Heftig also tobte der Streit, bis sich die Kanzlerin und ihr Fraktionschef Volker Kauder dafür entschieden, dem Wahlkämpfer Mappus Raum zu geben und den Umweltminister Röttgen einzubremsen. Ergebnis war eine Laufzeitverlängerung – und um an diesem Beschluss auch wirklich gar keinen Zweifel aufkommen zu lassen, zelebrierten Merkel und Co. in Karlsruhe das, was später als "schwarze Messe" in die Annalen der Partei eingehen würde.

Merkel und Wahlkämpfer Mappus.
Merkel und Wahlkämpfer Mappus.

Keinerlei Selbstkritik, dafür heftigste Attacken gegen den politischen Gegner, die bei Merkel in dem Satz gipfelten, dass schwarz-grüne Koalitionen nichts anderes als "Hirngespinste" seien. Der Parteitag tobte bei diesem Satz; der amtierende Umweltminister Röttgen schaute einigermaßen bedröppelt drein, weil er wusste, dass Merkel bislang eine ganz andere Auffassung vertreten hatte. Und Mappus, der Wahlkämpfer, dankte es ihr mit einem Satz, den ihm nach der Vorgeschichte auch niemand zugetraut hätte. Mappus erklärte, quasi zur Begrüßung: "Deutschland ist bei Angela Merkel in guten Händen."

Dass nur wenige Monate später, genauer gesagt Mitte März 2011, ein Tsunami mit anschließendem Super-GAU im japanischen AKW Fukushima I alles über den Haufen werfen würde, ahnte auf diesem Parteitag zwar niemand. Aber viele nachdenklichere Christdemokraten gingen mit dem Gefühl nach Hause, dass nach einem derart kraftstrotzenden Auftritt bloß nichts passieren dürfe. Die Hoffnung hielt genau fünf Monate. 

Hannover 2012

"Ran an den Speck"

Beim Bundesparteitag 2012 hat sich Angela Merkel noch keine Sorgen über ihr Abschneiden bei der Wahl zur Vorsitzenden machen müssen. Die Union stand damals in den Umfragen nahe der 40-Prozent-Marke. Und so stimmten fast 98 Prozent der Delegierten für Merkel – es war ihr bis heute bestes Ergebnis. "Ich bin platt und bewegt", sagte die CDU-Chefin anschließend. Jetzt gehe es "ran an den Speck – wir haben viel vor".

In Prozent

Doch bei dem Parteitag in Hannover ging es nicht nur um den Speck, sondern auch um die „Wilde 13“. Vier Monate vor dem Parteitag hatten 13 Bundestagsabgeordnete in einem gemeinsamen Appell die steuerliche Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften mit Ehen verlangt. Prominentester Unterzeichner war der heutige Gesundheitsminister Jens Spahn. Die damalige Bundesfamilienministerin Kristina Schröder schloss sich dem Aufruf an.

Doch in der Parteispitze fand die Wilde 13 kein Gehör. Mit einem Initiativantrag erzwang die Gruppe dann aber eine Debatte auf dem Parteitag. Es wurde eine für damalige CDU-Verhältnisse ausgesprochen ernsthafte und intensive Debatte. Am Ende verlor die Wilde 13 die Abstimmung zwar mit etwa 40 zu 60 Prozent der Stimmen. Trotzdem war die Aussprache ein Wendepunkt.

Damalige Familienministerin Schröder in Hannover.
Damalige Familienministerin Schröder in Hannover.

Jahrzehntelang war in der CDU auch mit widerlichem Schenkelklopfer-Humor über Schwule gesprochen worden. Konrad Adenauer hat zur Homosexualität seines Außenministers Heinrich von Brentano gesagt: "Dat ist mir ejal, solange er mich nit anpackt." Fast ein halbes Jahrhundert später war Friedrich Merz offensichtlich kaum weiter. Klaus Wowereit, der ehemalige Regierende Bürgermeister von Berlin, hat in der ARD erzählt: "Als ich 2001 gewählt wurde, hat Merz als erstes gesagt: Solange der Wowereit sich mir nicht nähert, ist mir das egal." Auf dem Parteitag 2012 gab es – zumindest in der Aussprache – keine derartigen Töne mehr. Und in dem angenommenen Antrag wurde zwar die steuerliche Gleichstellung abgelehnt, aber anerkannt, dass auch in homosexuellen Lebenspartnerschaften "Werte gelebt werden, die grundlegend für unsere Gesellschaft sind".

Merkel und ihr damaliger Unionsfraktionschef Volker Kauder waren damals - wie die meisten CDU-Granden - noch gegen die steuerliche Gleichstellung. Die Ehe für alle lehnten sie erst recht ab. Aber nach dem Parteitag von Hannover gerieten die Gleichstellungsgegner in der CDU immer stärker in die Defensive. Im Juni 2013 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass homosexuelle Lebenspartner steuerlich mit Ehegatten gleichgestellt werden müssen. Und im Juni 2017 sah sich Merkel wegen des Drucks, unter den die Union geraten war, gezwungen, die Ehe für alle zu Gewissensentscheidung zur erklären. Daraufhin wurde sie von der Mehrheit im Bundestag – übrigens ohne die Stimme Merkels – eingeführt. Für Jens Spahn war das ein später Triumph.

Karlsruhe 2015

"Dieser Parteitag hat uns allen gutgetan"

"Dieser Parteitag hat uns allen gutgetan", sagt Angela Merkel, als in Karlsruhe alles vorbei ist. Sie beende das Treffen "mit einem guten Gefühl", jetzt könnten sich endlich alle auf Weihnachten freuen.

In diesem Moment ist die Kanzlerin mit ihrer CDU im Reinen wie lange nicht mehr. Die Reaktionen auf ihre Rede zur Flüchtlingspolitik sind beinahe euphorisch – und die Delegierten haben fast einstimmig einen Leitantrag beschlossen, mit dem die Kanzlerin gut leben kann.

Dass der Parteitag für Merkel dermaßen gut laufen würde, hatten selbst ihre engsten Mitarbeiter nicht zu hoffen gewagt – angesichts der Aufregung in den Wochen zuvor.

Der Parteitag in Karlsruhe fand Anfang Dezember 2015 statt. Drei Monate zuvor hatte die Kanzlerin entschieden, in Ungarn gestrandete Flüchtlinge über Österreich nach Deutschland einreisen zu lassen. Es kamen dann aber viel mehr Asylbewerber. In den Tagen vor dem CDU-Parteitag erreichten täglich fast 5000 Flüchtlinge Bayern. Die anfängliche Refugees-welcome-Stimmung war in großen Teilen der Bevölkerung bereits am Kippen. Die CSU stand schon auf den Barrikaden. Und in der CDU bemühten sich vor allem Jens Spahn und die Vorsitzenden von Junger Union und Mittelstandsvereinigung, Paul Ziemiak und Carsten Linnemann, um einen restriktiveren Kurs.

Die Kanzlerin wehrte sich lange gegen Zugeständnisse. Doch wegen des Drucks von Spahn & Co. wurde unmittelbar vor Beginn des Parteitags der Leitantrag doch noch geändert. Es wurde zwar keine Obergrenze für die Flüchtlingszahl aufgenommen. Und Merkel machte deutlich, dass eine Reduzierung der Zahl der Flüchtlinge "in europäischer Solidarität und durch Bekämpfung der Fluchtursachen – und nicht durch einseitige Maßnahmen Deutschlands" geschehen müsse.

Aber in dem Leitantrag stand jetzt auch: "Wir sind entschlossen, den Zuzug von Asylbewerbern und Flüchtlingen durch wirksame Maßnahmen spürbar zu verringern. Denn ein Andauern des aktuellen Zuzugs würde Staat und Gesellschaft, auch in einem Land wie Deutschland, auf Dauer überfordern." Deshalb seien "gegebenenfalls" auch die Kontrollen an den Grenzen "zu intensivieren".

Es war ein Kompromiss, der dann auch den Gefallen fast aller Delegierten fand. Es war aber auch klar, dass der Frieden nur halten würde, wenn die Flüchtlingszahl tatsächlich drastisch sinkt. Weil das nicht der Fall war, ging der Streit mit der CSU und den Spahnisten in der CDU nach Weihnachten erst richtig los.

Essen 2016

"Ihr müsst, ihr müsst, ihr müsst mir helfen!"

Der Bundesparteitag Anfang Dezember 2016 in Essen wird nicht nur als der Parteitag in die Geschichte eingehen, auf dem Angela Merkel zum letzten Mal zur CDU-Chefin gewählt wurde. Er war auch der Parteitag, auf dem für jeden offensichtlich wurde, wie stark sich Merkel und ihre CDU auseinandergelebt haben.

Zwei Wochen zuvor hatte Merkel mitgeteilt, dass sie bei der Bundestagswahl 2017 noch einmal als Kanzlerkandidatin antreten will. Es war klar, dass der Wahlkampf – wegen des Streits um die Flüchtlingspolitik und des aggressiven Auftretens der AfD – ungewöhnlich hart werden würde.

Auf dem Parteitag in Essen schilderte Merkel dann eindrucksvoll, wie schwer sie sich deshalb getan habe, noch einmal Kanzlerkandidatin zu werden. In den Monaten vor ihrer Entscheidung hätten viele zu ihr gesagt: "Du musst, du musst, du musst antreten." Jetzt sei aber sie es, die die Partei brauche. "Ihr müsst, ihr müsst, ihr müsst mir helfen!", verlangte Merkel.

Merkel: Niederlage bei einer Abstimmung
Merkel: Niederlage bei einer Abstimmung

Die Delegierten wählten sie dann zwar mit 89,5 Prozent der Stimmen wieder zu ihrer Vorsitzenden. Doch schon am nächsten Tag fügte der Parteitag Merkel eine schwere Niederlage zu. Er stimmte gegen den Willen der Kanzlerin für einen Antrag der Jungen Union, die Optionspflicht bei der doppelten Staatsbürgerschaft wieder einzuführen. Dabei hatte Merkel sogar Thomas de Maizière und Peter Tauber, damals Bundesinnenminister und CDU-Generalsekretär, ans Rednerpult geschickt, um gegen den Antrag zu sprechen. Am Ende stimmten trotzdem 51,5 Prozent der Delegierten für den Antrag. Den Ausschlag hatte eine leidenschaftliche Rede von Jens Spahn für den Vorstoß der Jungen Union gegeben.

Merkel empfand das Votum des Parteitags als Brüskierung, ihrer Ansicht nach sind ihr die Delegierten in den Rücken gefallen. Das sah auch die SPD so. Deren damaliger Vorsitzender Sigmar Gabriel ätzte, entweder habe sich die CDU in Essen die falsche Chefin gewählt, oder Frau Merkel die falsche Partei.

Sehr viele in der CDU haben den Doppelpass-Parteitag jedoch anders in Erinnerung als die Kanzlerin. In ihren Augen hat nicht die CDU Merkel, sondern Merkel die CDU brüskiert. Denn die Kanzlerin hatte auf dem Parteitag zum Ausgang der Abstimmung geschwiegen, unmittelbar danach aber in Fernsehinterviews erklärt, sie halte den Beschluss zum Doppelpass persönlich für falsch und werde deshalb am Regierungshandeln nichts ändern. Die Union sollte besser mit der geltenden Regelung "leben". Für Merkels Verhältnisse war das ein hartes Basta – und für viele in der CDU das undemokratische Ignorieren eines Parteitagsbeschlusses.

18 aus 2018

Und was in Hamburg, auf Merkels letztem Parteitag als CDU-Vorsitzende passiert ist, lesen Sie hier: 

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