„Ich weiß, was wir geschafft haben“

Nach 16 Jahren als Bundeskanzlerin verlässt Angela Merkel die deutsche Politik. Ein Abschiedsgespräch.

„Ich weiß, was wir geschafft haben“

Nach 16 Jahren als Bundeskanzlerin verlässt Angela Merkel die deutsche Politik. Ein Abschiedsgespräch.

Von Cerstin Gammelin, Nico Fried und Wolfgang Krach, Fotos: Regina Schmeken
22. Oktober 2021 - 24 Min. Lesezeit

Anfang der Woche im Kanzleramt, sechster Stock. Um 16.47 Uhr trifft Angela Merkel im Raum „Kleine Lage“ ein. Sie begrüßt die Fotografin und die Redakteure der SZ mit Mundschutz und Faust gegen Faust – „so machen wir das hier“.

Das Gespräch findet an einem hellen runden Holztisch statt, der Blick auf den Berliner Hauptbahnhof ist frei, das Fenster zum Reichstagsgebäude hat die Fotografin verdunkelt. Die Abstände sind coronagerecht. Wenn die Kanzlerin in ihrem Arbeitszimmer ein Stockwerk höher empfängt, gießt sie normalerweise selbst den Kaffee für Gäste ein, diesmal stehen kleine Kännchen zur Selbstbedienung an jedem Platz.

Ein kleines Problem sind noch die Lichtverhältnisse: Draußen beginnt die Abenddämmerung, drinnen ist ein Scheinwerfer auf die Kanzlerin gerichtet, der ihr zu hell ist. Das sei ja wie eine Verhörsituation, scherzt sie. Die Fotografin entscheidet: Es geht auch ohne. Dann beginnt das Interview.

SZ: Frau Bundeskanzlerin, der Tag rückt näher, an dem Sie morgens nicht mehr ins Kanzleramt fahren. Statt Morgenlage gibt es nur noch Frühstücksfernsehen. Haben Sie sich für diesen Tag schon etwas vorgenommen?

Angela Merkel: Nein. Das deutsche System bringt es mit sich, dass man den genauen Tag vor Abschluss der Regierungsbildung noch nicht genau kennt. Der Abschied hat jetzt durch die Aufnahme der Koalitionsgespräche einen zeitlichen Rahmen, und ich bin flexibel. Was ich dann am Tag danach mache, habe ich mir noch nicht überlegt.

Ausschlafen?

Ja, sicherlich anschließend dann immer mehr. Ich glaube aber nicht, dass man gleich am nächsten Tag durchschläft.

Können Sie überhaupt ruhig schlafen bei der Vorstellung, dass künftig wieder ein Sozialdemokrat dieses Land regiert?

Ja.