1967: Benno Ohnesorg

Der Todesschuß fiel während der Zauberflöte

Die SZ hat zum Jubiläum historische Texte aus 75 Jahren neu aufbereitet. Hier: Wie die Polizei nach den Zwischenfällen beim Schah-Besuch, die zum Tod des Studenten Ohnesorg führten, heftig kritisiert wird.

Von unserem Redaktionsmitglied Willi Kinnigkeit  

Was vorher geschah:

Was vorher geschah:

Von Joachim Käppner


Man spricht bis heute von „den 68ern“ und ihrem je nach Sichtweise positivem oder negativem Einfluss auf die weiteren Geschicke der Bundesrepublik. Aber eigentlich brach die Revolte der überwiegend akademischen Jugend schon 1967 aus. Die restaurative Nachkriegszeit, die schamvoll verdrängte Nazivergangenheit (nicht umsonst konstatierte das Psychologenehepaar Margarete und Alexander Mitscherlich vielen Deutschen „die Unfähigkeit zu trauern“), die vielen früheren NSDAP-Mitglieder auf den Lehrstühlen, all das ließ die wütenden Studenten auf der Straße Parolen skandieren wie „Unter den Talaren der Muff von tausend Jahren!“ 


Außenpolitisch mobilisierte der Vietnamkrieg und die Zusammenarbeit mit Diktaturen wie dem Iran des Schahs Reza Pahlavi den Protest. In der Nähe des Berliner Opernhauses, wo das persische Kaiserpaar weilte, griffen die Polizei und iranische Agenten am Abend des 2. Juni 1967 ohne Vorwarnung zahlreiche der 4000 Menschen an, welche dort protestierten. Unter ihnen waren der 26-jährige Student Benno Ohnesorg und seine schwangere Frau. 


Im Gedränge schoss der Polizist Karl-Heinz Kurras Ohnesorg, von dem keine Gefahr ausging, aus kurzer Distanz in den Hinterkopf. Kurras wurde in einem skandalösen Verfahren freigesprochen; Ohnesorgs Tod schürte den Zorn der Jugend, aus dem Protest wurde erst jetzt die Studentenrevolte. 

Der folgende Text ist am 5. Juni 1967 auf der Seite 3 der SZ erschienen. Am 2. Juni 1967 ist der Student Benno Ohnesorg erschossen worden.

Freundlicher Beifall empfängt den Schah, als er am Freitag seiner Sondermaschine entsteigt. Kaiserin Farah, in leuchtend hellbraunem Mantel, erhält von der Frau des Regierenden Bürgermeisters Albertz einen Blumenstrauß in den Farben ihres Landes.

Sonnenschein und Gewitterregen empfangen die Gäste, als sie zum Hotel fahren. Auf dem Wege dorthin begegnet ihnen der erste Demonstrant: Ein Plakat bezeichnet den Schah als Blutsauger. Aber nach den vorangegangenen Krawallen in München nimmt sich der protestierende Einzelgänger wie ein Scherzbold aus.