Pegasus-Projekt

Unerwünscht und ausgeforscht

Freie Berichterstattung ist für das Regime des Präsidenten Ilham Alijew eine Gefahr. Deswegen haben Journalistinnen wie Khadja Ismayilova in Aserbaidschan viel auszuhalten – und manchmal bleibt nur der Weg ins Exil

Von Kristiana Ludwig und Hannes Munzinger

18. Juli 2021 - 11 Min. Lesezeit

Sie hat es geschafft. Khadija Ismayilovas Flugzeug, eine Boeing 737, Flugnummer TK7249, setzt unsanft auf der Landebahn in Ankara auf. Die Köpfe der Passagiere fallen zur Seite, in einer der hinteren Reihen weint ein Kind. Aus den Lautsprechern ertönt Klaviermusik. Ismayilova hat ihre Heimat Aserbaidschan verlassen, zum ersten Mal nach mehr als sieben Jahren. Mit schweren Schritten trägt sie ihre Tasche und zwei Plastiktüten voll süßem Gebäck zu dem Bus, der die Leute vom Rollfeld zum Terminal fahren soll. Neben der Tür findet sie einen Klappsitz und sinkt darauf zusammen. Es war ein langer Tag.

Eineinhalb Jahre Gefängnis und fünf Jahre Ausreiseverbot liegen in diesem Moment hinter einer der bekanntesten Investigativjournalistinnen ihres Landes. Khadija Ismayilova ist 45 Jahre alt, hat kurzes Haar und große Augen mit dunklen Schatten darunter. Im Jahr 2014, während ihrer letzten Auslandsreise, hatten Kollegen sie noch gewarnt: Geh nicht zurück, sie werden dich ins Gefängnis stecken. Sie kehrte trotzdem wieder heim und wurde am 1. September 2015 von einem Gericht in der Hauptstadt Baku wegen angeblicher Steuerhinterziehung und anderer Wirtschaftsdelikte schuldig gesprochen. Die Organisation Human Rights Watch nannte die Anklage gegen sie „politisch motiviert“, den Prozess „von Unregelmäßigkeiten geprägt“. Ismayilova hatte zuvor über Korruption in Regierungskreisen berichtet, sie hatte wirtschaftliche Interessen von Angehörigen der Herrscherfamilie offengelegt und mit ausländischen Medien wie der Süddeutschen Zeitung kooperiert.