Kein Mord verjährt

Wenn ein Mensch einen Menschen umbringt, wird er fast immer gefasst. Manchmal aber bleiben Morde über Jahrzehnte ungeklärt. Die SZ hat die Spuren solcher Fälle verfolgt.

Jeder ungelöste Kriminalfall hat seine eigene Geschichte, seine offenen Fragen. Und Menschen, die er auch nach Jahren noch immer beschäftigt: Angehörige, Zeugen, Unschuldige, die in Verdacht geraten, Kommissare. Einem Kommissar geht es vor allem darum, den Mörder zu finden, so kennt man es aus den Fernsehkrimis. Manchmal aber sieht die Arbeit ganz anders aus. Manchmal spielt die Frage nach dem Täter über Jahre kaum eine Rolle, weil sich eine andere Frage einfach nicht beantworten lässt: Wer ist das Opfer?

Kein Mordfall gleicht dem anderen. Trotzdem tauchen immer wieder Muster auf: Meist schaffen Täter Leichen fort, sie versuchen, sie zu verstecken, zu vergraben, loszuwerden. Wenn Menschen plötzlich verschwinden und nach Tagen, Wochen, Monaten gefunden werden, dann lesen sich die Meldungen in den Nachrichtenspalten verblüffend ähnlich: Pilzsammler, Waldarbeiter, Förster, heißt es dann oft, haben einen Leichnam gefunden.

Ein Verbrechen ereignet sich stets in einem Umfeld. Die Polizei hört sich um, verhört, forscht nach. Bei Angehörigen und Hinterbliebenen. Bei Zeugen, die etwas gehört oder gesehen haben. Fast immer gibt es auch Außenstehende, die betroffen sind: Nachbarn, die aus dem Alltag gerissen werden, Menschen, die plötzlich unter Verdacht geraten. Besonders dann, wenn das Umfeld ein ganzer Ort ist.

Wenn ein Kriminalfall lange ungeklärt bleibt, welche Chancen gibt es dann, doch noch einen Täter zu überführen? Manchmal eröffnen wissenschaftliche Fortschritte den Ermittlern neue Möglichkeiten. Und immer bleibt die Hoffnung, dass am Ende das Gewissen einen Mörder überführt. Dass ihn Reue, Albträume und Schuldgefühle einholen, er sich von selbst der Polizei stellt. Nicht allem aber, was ein Mensch gesteht, kann man vorbehaltlos Glauben schenken.