1962: Krawallnächte in München

Tumulte in Schwabing

Die SZ hat zum Jubiläum historische Texte aus 75 Jahren neu aufbereitet. Hier beschreibt der Autor die Straßenschlachten zwischen Polizei und jungen Leuten. 78 Personen wurden festgenommen, es gab 14 Schwerverletzte.

Von unserem Redaktionsmitglied Otto Fischer

Wie es zu den Ausschreitungen kam:

Wie es zu den Ausschreitungen kam:

Von Wolfgang Görl


Der Anlass war geringfügig, ja geradezu lächerlich: Am späten Abend des 21. Juni 1962 spielen fünf junge Musiker auf der Leopoldstraße ein paar Songs, ein Anwohner ruft wegen Ruhestörung die Polizei, welche die Sänger festnimmt. Empörte Schwabing-Bummler umstellen den Funkstreifenwagen, Verstärkung rückt an, und auch die Demonstranten werden immer mehr. Bis nach Mitternacht tobt eine Straßenschlacht, bei der die Polizei mit großer Härte vorgeht. 


Auch an den folgenden vier Abenden geht die Randale weiter, zeitweise beteiligen sich 10 000 Menschen an den Auseinandersetzungen. 54 Demonstranten werden später zu Geld- oder Gefängnisstrafen verurteilt, auch gegen 143 Polizisten ermittelt die Staatsanwaltschaft, doch nur einer wird bestraft. 


Als Folge reformiert die Münchner Polizei ihre Einsatztaktik, unter anderem wird ein Polizeipsychologe in Dienst gestellt. Gelegentlich werden die „Schwabinger Krawalle“ als frühe Vorboten der Studentenbewegung von 1968 betrachtet. Historiker ordnen sie aber eher als spontanes, unpolitisches Aufbegehren einer Jugendszene ein.

Der folgende Text vom 25. Juni 1962 ist auf Seite 13 der SZ erschienen - vier Tage nach der Festnahme der Straßenmusiker. 

Im nächtlichen Schwabing herrscht Ausnahmezustand. Seit es am Abend des Fronleichnamstages infolge eines nichtigen Vorfalles zu einem Massenkrawall gekommen ist, rotten sich Abend für Abend Tausende von jungen Leuten zusammen.