Auch im Dunkeln fühlt sich die Stadt nach Sommer an. Auf dem Weg nach Hause, vorbei an den Tischen vor den Restaurants, an Gesprächen bei kaltem Wein, an Bars mit vollen Aschenbechern. Vorbei am Fluss, vorbei an Füßen im Wasser, an nassen Badehosen über Balkonen. Zu keiner anderen Jahreszeit kann München so sehr zeigen, warum es sich noch immer lohnt in dieser Stadt zu leben, aller Nachteile zum Trotz. Wahrscheinlich behaupten viele Städte von sich, dass sie Sommerstädte seien, Berlin zum Beispiel oder Frankfurt, aber dort begegnet einem auf dem Weg zur Arbeit selten jemand mit Surfbrett unter dem Arm, noch dazu mit großer Selbstverständlichkeit.
Die Bewohnerinnen und Bewohner Münchens verstehen sich hervorragend darauf, den Sommer zu zelebrieren, und der beste Beleg dafür ist vielleicht, dass man sich heute an Deck eines alten Ausflugsdampfers vom Ammersee trifft. Die Abende mitten in der Stadt sollen sich anfühlen wie ein Ausflug zum See. Der Schriftsteller Horst Krüger schrieb 1969 über einen „dieser unverschämt schönen und glücklichen Sommerabende, wie es sie eben nur in München gibt“. „Diese Münchner Art, so locker, so leicht, so vollkommen ohne Knirschen in den Gelenken – mich verstört das.“ Er habe Angst vor so viel Glück.
Vielleicht ist das der einzige Nachteil des Münchner Sommers, er fühlt sich so unheimlich leicht an, dass man nicht glauben mag, dass diese Sommer immer so weitergehen wie die vergangenen fünfzig Jahre. Und, doch, sogar einen zweiten Nachteil gibt es noch: Man will kaum mehr wegfahren, aus der Stadt am Fluss.