— 12 Minuten Lesezeit
Wie ein neues Kraftwerk auf ein weißrussisches Dampfbad ausstrahlt, davon kann Sergej Schein erzählen, aber vorher will er schwitzen. Schein hat sich auf die oberste Holzstufe gesetzt, da ist es am heißesten, 80 Grad. Sonntagfrüh, neun Uhr. Banja-Tag. Zehn nackte Herren sitzen da, auf den Köpfen Filzhüte. Sie entspannen unter den Qualen der Hitze, ein pensionierter Chirurg, ein alter Lehrer, ein ehemaliger Zollbeamter, und Sergej Schein, 66, der zwei Jahrzehnte bei der weißrussischen Miliz war. Auch in Tschernobyl. Schein führt von oben das Kommando, träufelt Propolis in einen Wasserbottich und gießt daraus mit der Schöpfkelle in die steinerne Ecke. Es zischt, Schein ruft: „Tief einatmen!“