Aufgewühlt

Flüchtlinge und das Mittelmeer –
eine Fotoreportage von
Daniel Tchetchik

Zur Flüchtlingskrise wurde bereits alles gesagt? Mitnichten. Fotograf Daniel Tchetchik hat ein Jahr lang das Mittelmeer fotografiert - und lässt Menschen zu Wort kommen, die gelernt haben, es zu fürchten.

Zur Flüchtlingskrise wurde bereits alles gesagt? Mitnichten. Fotograf Daniel Tchetchik hat ein Jahr lang das Mittelmeer fotografiert - und lässt Menschen zu Wort kommen, die gelernt haben, es zu fürchten.

Wallace, 23, Burkina Faso
„2018 habe ich zum zweiten Mal versucht, das Mittelmeer zu überqueren, um nach Italien zu kommen. Beim ersten Mal waren die Wellen so stark, dass sie uns an den Strand zurückgespült haben. Beim zweiten Versuch hat es dann geklappt. Es war nicht einfach, wir hatten eine sehr schwierige Zeit auf unserem Boot, aber das hat uns auch zusammengeschweißt. Wir haben uns alle wie Brüder und Schwestern gefühlt. Tagelang sind wir in unserem Boot auf hoher See geschwommen. Es war die Hölle. Wir haben auf den Tod gewartet. Aber wir haben überlebt.“

Wallace, 23, Burkina Faso
„2018 habe ich zum zweiten Mal versucht, das Mittelmeer zu überqueren, um nach Italien zu kommen. Beim ersten Mal waren die Wellen so stark, dass sie uns an den Strand zurückgespült haben. Beim zweiten Versuch hat es dann geklappt. Es war nicht einfach, wir hatten eine sehr schwierige Zeit auf unserem Boot, aber das hat uns auch zusammengeschweißt. Wir haben uns alle wie Brüder und Schwestern gefühlt. Tagelang sind wir in unserem Boot auf hoher See geschwommen. Es war die Hölle. Wir haben auf den Tod gewartet. Aber wir haben überlebt.“

730.000
Flüchtlingen hat die EU-Mission „Sophia“ geholfen. Jetzt wurde der Marineeinsatz beendet.

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Flüchtlingen hat die EU-Mission „Sophia“ geholfen. Jetzt wurde der Marineeinsatz beendet.

Adama, 27, Ghana
„Nachmittags um vier Uhr kenterte unser Boot, Treibstoff floss ins Meer. Das Benzin verätzt die Haut. Erst um zwei Uhr morgens wurden wir gerettet. Ich kann meine Kinder in Ghana nicht ernähren, deshalb habe ich beschlossen, das Meer zu überqueren, um ihnen von Europa aus eine Zukunft zu ermöglichen. Ich bin am Meer aufgewachsen, als Kind habe ich am Strand Fußball gespielt. Wenn ich jetzt das Meer sehe, muss ich weinen. Ich werde nie wieder hineingehen."

Adama, 27, Ghana
„Nachmittags um vier Uhr kenterte unser Boot, Treibstoff floss ins Meer. Das Benzin verätzt die Haut. Erst um zwei Uhr morgens wurden wir gerettet. Ich kann meine Kinder in Ghana nicht ernähren, deshalb habe ich beschlossen, das Meer zu überqueren, um ihnen von Europa aus eine Zukunft zu ermöglichen. Ich bin am Meer aufgewachsen, als Kind habe ich am Strand Fußball gespielt. Wenn ich jetzt das Meer sehe, muss ich weinen. Ich werde nie wieder hineingehen."

2275
Flüchtlinge sind 2018 im
Mittelmeer ertrunken. Im Jahr zuvor waren es 3139 Menschen.

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Flüchtlinge sind 2018 im
Mittelmeer ertrunken. Im Jahr zuvor waren es 3139 Menschen.

Jamado, 22, Senegal
„Ich habe eine sehr schwierige Flucht hinter mir. Ich habe Mali durchquert, Burkina Faso, Niger und Libyen. In Libyen haben sie mich zweimal ins Gefängnis gesperrt. Als meine Eltern gestorben sind, hatte ich beschlossen, nach Italien zu fliehen. Mein jüngerer Bruder hatte sich auch auf den Weg nach Libyen gemacht. Als ich dort ankam, sagte man mir, dass er in der Wüste gestorben sei, nachdem Räuber ihm sein Essen und sein Wasser weggenommen hatten. Als wir in See stachen, waren wir 150 Menschen an Bord. Auf halber Strecke versagte der Motor. Die Flucht überlebt haben nur 16 Menschen.“

Jamado, 22, Senegal
„Ich habe eine sehr schwierige Flucht hinter mir. Ich habe Mali durchquert, Burkina Faso, Niger und Libyen. In Libyen haben sie mich zweimal ins Gefängnis gesperrt. Als meine Eltern gestorben sind, hatte ich beschlossen, nach Italien zu fliehen. Mein jüngerer Bruder hatte sich auch auf den Weg nach Libyen gemacht. Als ich dort ankam, sagte man mir, dass er in der Wüste gestorben sei, nachdem Räuber ihm sein Essen und sein Wasser weggenommen hatten. Als wir in See stachen, waren wir 150 Menschen an Bord. Auf halber Strecke versagte der Motor. Die Flucht überlebt haben nur 16 Menschen.“

Jacob, 32, Ghana
„Der Bootsmotor fiel aus, Chaos brach aus. Von 11 Uhr bis Mitternacht schwamm ich im Wasser. Auf meiner Flucht war ich in ein Gefängnis gesteckt worden, man hat mich als Sklave verkauft, jetzt trieb ich im Mittelmeer. Jeder versuchte, sich an etwas festzuklammern. Ich dachte: So, das war’s jetzt. Dutzende tote Körper schwammen um mich herum, ich wusste, ich könnte der nächste sein. Ich habe das Meer immer geliebt. Wenn ich es heute sehe, sehe ich nur Tod.“

Jacob, 32, Ghana
„Der Bootsmotor fiel aus, Chaos brach aus. Von 11 Uhr bis Mitternacht schwamm ich im Wasser. Auf meiner Flucht war ich in ein Gefängnis gesteckt worden, man hat mich als Sklave verkauft, jetzt trieb ich im Mittelmeer. Jeder versuchte, sich an etwas festzuklammern. Ich dachte: So, das war’s jetzt. Dutzende tote Körper schwammen um mich herum, ich wusste, ich könnte der nächste sein. Ich habe das Meer immer geliebt. Wenn ich es heute sehe, sehe ich nur Tod.“

400.000
Menschen warten allein im nord-
afrikanischen Libyen auf ihre Chance, übers Meer nach Europa zu fliehen.

400.000
Menschen warten allein im nord-
afrikanischen Libyen auf ihre Chance, übers Meer nach Europa zu fliehen.

Emmanuel, 22, Ghana
„Am Anfang unserer Flucht auf dem Meer waren wir 142 Menschen an Bord unseres Bootes, am Ende nur noch 61. Als das Boot zu sinken begann und das Chaos startete, schnappte ich mir einen leeren Gaskanister, mit dem ich im Wasser treiben konnte. Ich habe sehr viele Menschen ertrinken gesehen. Ich wollte ihnen unbedingt helfen, aber ich wusste auch, dass Ertrinkende sich an allem festklammern und dass sie mich mit nach unten ziehen würden. Irgendwann gab ich meinen Kanister jemandem, der schon sehr erschöpft war. Er schlief auf dem Kanister ein und verschwand im Meer.“

Emmanuel, 22, Ghana
„Am Anfang unserer Flucht auf dem Meer waren wir 142 Menschen an Bord unseres Bootes, am Ende nur noch 61. Als das Boot zu sinken begann und das Chaos startete, schnappte ich mir einen leeren Gaskanister, mit dem ich im Wasser treiben konnte. Ich habe sehr viele Menschen ertrinken gesehen. Ich wollte ihnen unbedingt helfen, aber ich wusste auch, dass Ertrinkende sich an allem festklammern und dass sie mich mit nach unten ziehen würden. Irgendwann gab ich meinen Kanister jemandem, der schon sehr erschöpft war. Er schlief auf dem Kanister ein und verschwand im Meer.“

"Das Meer hat die Unschuld verloren"

Fotograf Daniel Tchetchik über Magie und Gefahr zu Wasser

1975 in Israel geboren, ist Fotograf und Chefredakteur des Fotografie-Blogs der israelischen Tageszeitung Haaretz. Seine Arbeiten sind im Tel Aviv Museum und in Galerien in New York (Meislin) und Berlin (Kehrer) zu sehen.

SZ: Hat sich Ihre Beziehung zum Meer geändert nach Ihrem Fotoprojekt?
Daniel Tchetchik: Absolut! Menschen zu interviewen, die ihre Ehefrau oder ihren Sohn ertrinken gesehen haben, hat mich sehr berührt und überwältigt. Sie können sich nicht bei einer Beerdigung verabschieden, weil ihre Angehörigen auf dem Meeresgrund liegen. Ständig kreisen ihre Gedanken um die Frage: Wo ist meine Frau? Wie ist mein Mann ertrunken? Warum habe ich überlebt? Für mich hat das Meer seitdem die Unschuld verloren.

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