2007: Edmund Stoiber

Kraftakt einer Kapitulation 

Die SZ hat zum Jubiläum historische Texte aus 75 Jahren neu aufbereitet. Hier wird der Tag nachgezeichnet, an dem Bayerns Regierungschef nach den Chaos-Tagen in der CSU den Weg frei macht für seine Nachfolger. Doch neuer Streit kündigt sich bereits an. 

Von Peter Fahrenholz, Sebastian Beck, Hans Kratzer, Katja Auer, Jens Schneider und Olaf Przybilla    

Was vorher geschah:

Was vorher geschah:

Von Peter Fahrenholz


Grob betrachtet zerfällt Edmund Stoibers Zeit als bayerischer Ministerpräsident und CSU-Chef in drei Teile. Ministerpräsident wurde Stoiber 1993 erst nach einem brutalen Machtkampf mit CSU-Chef Theo Waigel, was das Verhältnis beider Herren nachhaltig zerrüttete. Trotz aller gegenseitiger Fouls und Sticheleien waren die Jahre mit Waigel die besten Jahre Stoibers. Er gewann als Regierungschef Statur, entfaltete viel Dynamik und gewann zwei Landtagswahlen. 


Als Stoiber dann ab 1999 beide Ämter hatte, verlagerten sich seine Ambitionen immer mehr nach Berlin, als Kanzlerkandidat scheitert er 2002 nur knapp. 


Die Zweidrittelmehrheit ein Jahr später bei der Landtagswahl leitete paradoxerweise seinen Abstieg ein. Denn Stoiber wollte zeigen, dass er der bessere Kanzler war. Als er im Jahr 2005 sein Amt als Superminister gar nicht erst antrat, sondern zurück nach Bayern floh, war sein Ende nur noch eine Frage der Zeit. „Ich leide wie ein Hund“, jammerte Stoiber seiner Partei vor. 


Doch es litt eher die CSU wie ein Hund, und zwar an Stoiber. Er hatte mit das Wichtigste verloren, das ein Politiker braucht: den Respekt seiner eigenen Leute.

Der folgende Artikel ist am 19. Januar 2007 auf Seite 3 der SZ erschienen. Einen Tag zuvor hatte Edmund Stoiber seinen Rückzug vom Amt des bayerischen Ministerpräsidenten und als CSU-Chef bekannt gegeben.

Als Edmund Stoiber kurz nach 14 Uhr den Raum S 103 in der Münchner Staatskanzlei betritt, da wirkt er wie ein anderer Mensch. Es ist nicht der hochtrabende, selbstbewusste Ministerpräsident, der sich hier seinen Weg entlang der Fensterfront bahnt. Es ist auch nicht der Dynamiker, der Leistungsfanatiker, der in den vergangenen Jahren an dieser Stelle seine Erfolge verkündet hat. Vor die Scheinwerfer tritt ein völlig veränderter Stoiber: